Skip to content

Die Spur von Information im Ozean der Geschwätze

Posted in Allgemein

Vor einigen Jahren sprach jemand von einem chinesischen Sprichwort die folgenden Wort

Der Fluss der Rede endet im Meer der Geschwätze.

– Anonymous

Davon kann abgeleitet werden, je mehr über einen Sachverhalt gesprochen wird, umso mehr Ideen zum Kern des Sachverhalts entstehen und durch eigene Ideen der Erzählenden wird der inhaltliche Kern dieses Sachverhalt durch immer weiter verwischt und kann unter Umständen vom ursprünglichen Gehalt der Information abweichen. Ein Meer an Information bedeutet nicht gleichfalls ein Mehr an Wissen. Es ist eher nur Information, die in einem gewissen Zusammenhang entstanden ist.

Information kann auch als ein Sandstrand verstanden werden. Jedes Sandkorn repräsentiert einen Teil an Information. Jemand, der an diesem Sandstrand steht, sieht einen Fußabdruck und möchte aufgrund der Form, der Größe, der Tiefe des Abdrucks, der Richtung des Abdrucks und einiger anderen Merkmale wissen, wem dieser Abdruck gehört, wer diese Person ist, welche Motivation die Person an diesen Strand geführt hat und vielleicht auch, weshalb nur genau ein Fußabdruck im Sand zu sehen ist?

Die Metapher des Abdrucks eine Fußes im Sand ist ein interessantes Bildnis, dass die Spur auf dem Weg zur Frage auf eine existente Antwort gut umschreibt. Die Antwort zu all diesen Annahmen, die im Übrigen zu weiterer Information führen wird, ergeben sich nicht unmittelbar aus der Untersuchung des gesamten Strandes bzw. des Sandes rund um den Fußabdruck, sondern durch die Identifizierung der Sandkörner und die Analyse dergleichen, die den Fußabdruck als solches repräsentieren. Diese Sandkörner erzählen den Kern des Sachverhalts.

Welchen Fußabdruck hinterlassen Menschen auf ihrem Lebensweg durch die Zeitgeschichte?

Auf der Basis dieser Kernfrage entstanden Dokumente — in der Sprache eines Archivars ist es Schriftgut — bezogen auf Personen. Eine Person schreibt einer anderen Person einen Brief, ein Protokoll oder einen Bericht seiner Tätigkeit, beschreibt darin einen Sachverhalt oder seine Sicht der Dinge auf ein Ereignis, eine andere Person oder ein Artefakt. Diese Information ist niedergelegt in den Archiven dieser Welt und kann durch Digitalisierung der analogen Träger der Information — dem Scannen von Papier — in eine digital auswertbare Form gebracht werden. Daraus ergibt sich eine systematisiert unstrukturierte Gesamtheit an Information, die vergleichbar mit dem Sandstrand oder herausfordernder dein Meer an Information darstellt.

Systematisiert unstrukturiert ist ein Widerspruch in sich. Wie kann ein Bestand an Information zum einen unstrukturiert sein und gleichzeitig systematisiert? Schriftgut, also Dokumente, basieren auf natürlicher Sprache. Die natürliche Sprache hat eine Struktur, die sich aus der Syntax, der Grammatik, der Semantik ergibt. Die inhaltliche Information als solches ist unstrukturiert als Gesamtheit verfügbar. die Idee des Archives wird für die Analyse bewusst außer Acht gelassen, wird allerdings durch die Metadaten zu einem Schriftstück für eine weitere Verwendung in der Basis an Information gesichert.

Die Magie der Analyse ist es nun, auf dieser Gesamtheit an Information, die Spur einer Person in Bezug auf einen Sachverhalt zu extrahieren und zu visualisieren. Die Korrelation zwischen Fragmenten ergibt sich durch die primär implizite Betrachtung der Gesamtheit auf der Basis des Namens und weiterer referenzierender Information — das kann ein Geburtsdatum, eine Adresse, eine weitere Person, etc. sein, die die Person beschreiben bzw. eindeutig identifizieren kann — zu einer Person und dem Sachverhalt. Man sucht in dem Bestand an Information — analog dem Sandstrand — nach den Fußabdrücken und identifiziert genau die Fußabdrücke, die diese Person zu einem bestimmten Zeitpunkt möglicherweise in Korrelation zu einer anderen Person bzw. Gruppe von Menschen hinterlassen hat.

Im Grunde genommen, bezieht man sich auf das Eingangs zitierte Sprichwort, man hört genau hin, um dann die richtigen Stimmen zu identifizieren, die das Wissen anbieten, dass der Frage sehr nahe kommt, damit die Antwort bietet.

Durch diese Methode und Betrachtung von zeitgeschichtlicher Information, wird der Kontext, der sich innerhalb der Information erklärt, rekonstruiert ohne, dass Information als losgelöstes einzelnes Fragment durch eine Interpretation bzw. die Herleitung von möglichem Wissen aus dem Zusammenhang des zeitgeschichtlichen Ereignishorizonts gerissen wird. Interpretation von zeitgeschichtlicher Information liegt immer auch im Auge des Betrachters und gibt ein subjektiv sowie ethisch aus der Zeitperiode des Betrachters heraus gesehene Geschichte wieder.

Jede Generation wird aufgrund der soziologisch bedingten Ethik, die Vergangenheit aus einer anderen Perspektive betrachten, als der Mensch, der zeitgenössisch in dem betrachteten vergangenen Zeitabschnitt gelebt hat.

Basierend auf dem Bestand an Information können damit die tatsächlichen Ereignisse rekonstruiert werden.

Comments are closed.